Umweltschutz und Nachhaltigkeit gibt es bei kleinen Messeständen auf unterschiedliche Weise.
Kaum ein Tag vergeht, an dem es in den Nachrichten nicht um Klimaschutz geht. Er dürfte unsere wichtigste Lebensaufgabe sein. Schon vor dreißig Jahren galt im Messebau die Devise „Vermeiden, vermindern, verwerten“ nach dem Prinzip: Abbau geht vor Abriss. In meinem Buch „Messestand-Design“ von 1995 habe ich bereits ausgeführt, wie sich unsere Messestände unter dem Aspekt des Umweltschutzes verändern könnten/sollten: z. B. verstärkte Anwendung von Ständen in Modul- oder Systembauweise, wiederverwendbare, strapazierfähige Materialien und Verbindungen mit Stahl, Aluminium, Lochblechen, Glas, Holz, möglichst keine Verbundmaterialien, Baumaterial, das weiterverwendet werden kann, möglichst keine Tropenhölzer, Baumaterialien leichterer Art, z. B. mit Kern aus Wellpappe oder recycelten Naturstoffen, Mehrwegteppiche oder auch Hartböden verwenden, umweltschonende Lacke und Energieeinsparung durch entsprechende Leuchten und Leuchtensysteme.
Und noch vor dreißig Jahren war es eben auch nicht unüblich, trotz hohen Einsatzes von Systemständen so ziemlich alles wegzuwerfen. Erst als die Messeveranstalter die Entsorgung kostenpflichtig machten, setzte allmählich ein Umdenken ein. Fragen kamen auf, wie: Was kann reduziert werden? Messebeteiligungen, Exponate, Kostensenkung durch Wiederverwendung? Auch das digitale Zeitalter führte zu einem Umdenken. Brauchen wir noch Messen? Wie können wir Informationen vermitteln? Was erwartet ein Kunde? Die beiden letzten Jahre, während der noch immer anhaltenden Corona-Pandemie, haben den Umdenkprozess beschleunigt.
In Österreich gibt es seit 2017 das Siegel „Green Stand“, mit dem Messestände als nachhaltig und umweltfreundlich ausgezeichnet werden. „Reduce, reuse, recycle“ beinhaltet:
Zertifizierung der Messebauer, nachhaltige Produktion fördernVermeidung von PVCEinwegteppiche recycelnnachhaltige Holzwerkstoffe verwendenumweltfreundliche Drucke einsetzenenergiesparende Technologien verwendenMobilitätskonzeptKommunikation und Bewusstsein schaffen
In Deutschland gibt es inzwischen den „grünen“ Messestand, wobei „grün“ mit umweltfreundlich und nachhaltig definiert wird. Ein grüner Messestand muss anhand dieser Definition somit aus möglichst ressourcenschonenden Materialien hergestellt werden, die sowohl in der Produktion als auch im späteren Recycling die Umwelt möglichst wenig belasten.
In den hier gezeigten Praxisbeispielen wird Nachhaltigkeit erreicht durch: vorgefertigte Bauteile aus Naturmaterialien mit langer Haltbarkeit, ein Bausystem aus recyceltem Material, modularen Standbau, der variabel, erweiterbar und wiederverwendbar ist und ein geliehenes Baugerüst, das durch wiederverwendbares Material ergänzt wird.
Holzpaletten flexibel und dauerhaft
Für eine Bank mit nachhaltigem Konzept wurde ein Messestand aus einem modularen Palettensystem entwickelt, das ansonsten für Feste, Märkte, Events und in Ausstellungshallen Verwendung findet. Die Paletten in den Maßen 100 x 80 x 12 cm wurden aus Pinienholz gefertigt, das als schwer entflammbar gilt und nicht extra behandelt werden muss, sodass die Hölzer naturbelassen sind. Gewünscht war für die Bank ein offener Treffpunkt mit Bartheke, in dem ein neues Großprojekt einer klimaneutralen Bank präsentiert wurde. Der gesamte Stand mit Wänden, Theke und Regalen wurde aus diesem Palettensystem gefertigt. Manche Paletten sind bereits zehn Jahre alt, manche wurden speziell angefertigt.
Von der Bank stammten einige Möbel und der aus Restfliesen bestehende Teppichboden, der von einem neuen Bankgebäude übrig war.
Aussteller: Triodos Bank, Driebergen-Zeist/NLMesse: Biobeurs 2020, ZwolleDesign und Messebau: Pop Up Pallets, Baarn/NL Standgröße: 60 m² u. a.
Kuppelbauten aus Recyclematerial
Auf dem Messestand für Volvo wurde ein Fahrzeug repräsentiert, das zu 25 Prozent aus recycelten Teilen bestand. Für den Messestand wurde daher ebenfalls ein nachhaltiges und recycelbares System gewählt. Die frei tragende Kuppelkonstruktion bestand aus einer recycelten Wellpappe, die durch Steckverbindungen zusammenhält. Nur der Knotenpunkt der vier Hauptbögen wurde verklebt. Die Fußpunkte der Bögen wurden mit Spielsand beschwert, der nach der Messe auf einem Spielplatz verwendet wurde. Als Boden gab es den gereinigten Hallenboden. Alle Leuchten waren batteriebetriebene LED-Lampen. In die Ökobilanz wurde auch der Transportweg mit eingerechnet. Daher wurde der Stand so konzipiert, dass alles Material auf eine Palette von 125 x 250 cm passte und somit in einen Kleintransporter, plus einem Fahrzeug für das Personal. Die Gesamtmenge an nicht recycelbaren Werkstoffen passte in zwei Schuhkartons. Der Aufbau dauerte zwei Tage mit vier Personen.
Aussteller: Volvo Car, CanadaMesse: IDS Vancouver/Toronto 2019 und 2020Designer: Maximilian Hansen/Nordwerk DesignMessebauer: Nordwerk Design/Hove CityStandgröße: 49 m², 4,2 m hoch
Haus-Baukastensystem individuell
Für einen Messeauftritt des nachhaltigen Holzspielzeugunternehmens Ever Earth wurde das „Haus im Wald“ entwickelt, das bisher über 20 Mal im Einsatz war. Es ist modular gebaut, hat die Maße 3 x 5 m und wird platzsparend eingelagert. Weithin sichtbar als Blickfang ist ein offener Dachstuhl mit Fachwerkrahmen. Ein duftender Boden aus Pinienrinde symbolisiert den Waldboden, wird immer wieder verwendet und in Säcken gelagert. Stilisierte Filzbäume reduzieren den Messeschall, bieten Rückzug und Entdeckungsmöglichkeiten. Die Hauswände bestehen aus weiß gestrichenen OSB-Platten auf Kiefernholz-Fachwerkrahmen, sind mehrfach einsetzbar und bieten Platz für Exponate und Flachbildschirme. Die Beleuchtung des Stands erfolgt über ein klassisches Traversensystem, wiederverwertbar und für jede Standgröße geeignet. Auch die grün gestrichenen Bambusrohrwände als Abtrennung zum Nachbarn sind wiederverwertbar. Bei einer Erweiterung des Stands auf bis zu drei Häuser könnte auch ein „Dorf im Wald“ entstehen.
Aussteller: Ever Earth Group GmbH, Hannover Messe: Spielwarenmesse Nürnberg u. a.Designer: BSS Architektur, HannoverMessebauer: Tischlereibetrieb Ingo Hofmann, LehrteStandgröße: 51 m² bis zu einem „Dorf im Wald“ erweiterbar
Retrolook erweiterbar
Um für verschieden große Messestände und alle Zielgruppen einen geeigneten Messestand zu bekommen, wurde für den Fahrzeugausstatter ein Stand im Retrostil gemäß dem Markengedanken entwickelt, mehrfach einsetzbar mit Wohlfühlatmosphäre. Für den Standbau wurde ein einfaches Baugerüst mit „gebrauchter Optik“ verwendet, vor Ort von Gerüstverleihern anmietbar. Auf dieses Gerüst wurden Vollholzbalken aufgelegt, um Gesprächsbereiche zu schaffen. Für Serviceräume wurden Tischlerplatten auf den Boden gestellt und am Gerüst mit Lochband und Winkel miteinander verbunden. Die Möbel sind modular aus Tischlerplatten, demontabel und mit birkenfarbener Lasur eingefärbt. Gestrichene OSB-Platten wurden zum Messeboden, Restmaterial wurde als Konstruktionsholz verwendet. Stoffgrafiken in Alurahmen konnten an die Gerüste montiert werden. Die abgehängte Alubanderole um den Messestand herum kam vom Aussteller und wurde immer wieder eingesetzt. Nachhaltiger Standbau wurde hier durch ein allgemeines „Weniger“ und Wiederverwendbarkeit gelöst.
Aussteller: Aluca, Rosengarten Messe: IAA 2018 u. a. Designer: Klardenker GmbH, KölnMessebauer: Klardenker GmbH, KölnStandgröße: von 60 m² bis 398 m² auf der IAA in Hannover
Foto: Pop up Pallets
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Quelle: Messe & Event Magazin